Salute Susanne! von Daniel Spoerri

 

Salute Susanne,

ich habe es Dir schon einmal gesagt; Dein Weisses Gold ist Gold wert, Du bist auf eine weiße Goldader gestoßen.

Ich war ja schon einmal bei Euch in Waldsassen, damals hatte ich noch keine Ahnung von Eurer Vergangenheit, die Nähe zu Böhmen, die durch den Todesstreifen abgeschnittene Glasbläsertradition. Ich kam um die Heiligen Leiber zu sehen. Eure Basilika, mit einer der größten Krypten, hat heute noch etwa 18 goldbestickte Skelette in Glassärgen. Man trifft diese römischen Katakombenskelette, denen Märtyrer-Namen zugeschrieben wurden, nur noch vereinzelt. Mein Liebling ist der Heilige Felix inzwischen im Historischen Museum von Fribourg in der Schweiz.

Aber davon habt Ihr ja anderthalb duzend in allen Stellungen, stehend, liegend, sitzend; - einer könnte die Vorlage für Rodins Denker gewesen sein....

Geographisch gehört Ihr ja zu Tschechien, Euer Fluss will dorthin und von dort weiter schließlich in die Elbe, und nicht nach Tirschenreuth über die Europäische Wasserscheide, wo dann die Naab südwärts bei Regensburg in die Donau fliesst.

Nach dem Mauerfall schließlich hätte die Grenzwunde wieder verheilen können. Die Autobahnen und Strassen wurden zwar wieder zusammengenäht, aber die Grenze, vor allem die Sprachgrenze ist geblieben, ja hat sich verschärft.

Marienbad heißt jetzt Mariánské Lázné!!

Eure spezifische Tradition, eben das Glasmachen ist mehr und mehr zurückgegangen. Von allen Glas-, Klinker- und Porzellanfabriken ist nur noch eine geblieben. Und auch die nur wegen ihrer paradoxen Spezialität: Mundgeblasenes Flachglas. Bei Euch herrscht mittlerweile eine der höchsten Arbeitslosenzahlen Deutschlands.

Warum spreche ich dann absurderweise von Goldader?

Weil Ihr eine wunderschöne, vergessene Gegend seid, in der keine Fabrikschlote mehr die Luft verpesten, Ihr habt noch so merkwürdige Relikte aus früheren Reliquienkulten, wie die Heiligen Leiber, von der herrlich-herzigen Kapplkirche ganz zu schweigen, die vom Hügel oben auf Böhmen schaut und auch wie eine orthodoxe Rundkirche ausschaut. Die Flüsschen sind noch sauber, eigentlich seid Ihr ein wunderschönes Ferienländchen und Euer Zisterzienserinnenkloster hat sich auch schon als schickes Hotel herausgeputzt.

Und wenn Leute wie Du die alten Traditionen aufbewahren und vor dem Untergang retten, dann ist die Hoffnung gross, dass Eure Gegend auf dem besten Weg ist, entdeckt zu werden. Sammeln und Archivieren tust Du ja schon: wieviele Garagen und Lager sind schon voll? Den Bareutherschrott hast Du ja schon ausgewertet. Ich sehen Dein Porzellanmuseum schon! (Schließlich sind die Bestände aller Antiken-Museen aus alten Abfallgruben geholt.)

Deswegen spreche ich von deinem Glück und das wünsche ich Dir; bleib beharrlich!

Salute Daniel

P.S: Als ich mich vor über 20 Jahren nach Seggiano auf dem Monte Amiata niederliess, fragten auch alle, wo das überhaupt sei und warum ich mich in dieses Niemandsland verkrochen habe. Inzwischen sind es tausende, die uns jährlich besuchen.

Prof. Daniel Spoerri, Künstler, CH