Großvaters Sägebock

Der verewigte bronzene Sägebock als Hommage an eine Zeit, als das Wirtschaften mit und in der Natur noch ein menschliches Maß besaß.

Bronze
120 x 120 x 100 cm
Auflage
1 von 8
Sammlung Bezirk Oberpfalz, Schwandorf

 

"GROSSVATERS SÄGEBOCK"

Großvaters Sägebock, immer wieder repariert, geflickt und ausgebessert, mit vielen Gebrauchsspuren; eine der Spuren führt zurück ins Jahr 1960, da erscheint der Sägebock dunkel und verschwommen auf einer Fotografie, die meine Mutter 16jährig und meine Großmutter 45jährig zeigt (links und rechts von den beiden Sonntagsbesuch). Ich bin noch lange nicht da, und doch mittlerweile fast so alt wie meine Großmutter damals auf diesem Bild - jedenfalls jünger als der Sägebock, der jetzt in Bronze gegossen sowohl mich als auch alle anderen überdauern wird.

Der Sägebock: noch vor dem Frühstück und Großvaters Kirchgang wurde immer eine halbe Stunde gesägt: Großmutters Morgengymnastik, so hat es ihr jedenfalls Opa verkauft. Der Sommer Max war Gattersäger gewesen und sein tägliches Geschäft war der Handel mit Holz und Holzprodukten, er leitete ein kleines Sägewerk und war Geschäftsführer, Rohstofforganisator, persönlicher Assistent der verwitweten Sägewerkseigentümerin und eben Gattersäger! Er kannte sich also aus in der oberpfälzer vorindustriellen Verarbeitung von Holz und auch zu Hause wurden all morgentlich ein bis zwei Stämme zerstückelt. Der Sägebock als Zeuge einer noch auf das menschliche Maß konzentrierten Welt. Und des bäuerlichen Morgensports.

Als Großmutter 2005, lange nach ihrem Mann, verstarb – an einem eiskalten Januarmorgen fast 90jährig mit einem großartigen Leben in der Tasche, hinterließ sie in ihrem Haus Dinge und Objekte, die davon erzählten; der ebenfalls altersschwache, wackelige Sägebock in der Holzscheune - Relikt und Reliquie - wurde im Dezember 2016 in der Mailänder Gießerei von Walter Vaghiº in Bronze gegossen.

„Der verewigte Sägebock als Hommage an eine Zeit, als das Wirtschaften mit und in der Natur noch menschengemäßer erschien. Doch schon damals war der Wald ein Ort reinen Nutzens und die Bäume darin kaum mehr als Rohstofflieferanten. Trotzdem: Früher war es wohl insofern besser, als der Baum noch durch die Hände der Menschen ging, die ihn fällten und weiter verarbeiteten. Vielleicht dankten sie sogar noch den Bäumen dafür, dass diese sich für das Wohlergehen der Menschen das Leben nehmen ließen. Heutzutage erledigen das Maschinen und Gefühle sind da nicht gefragt“.

Michael Schels, Auszug Eröffnungsrede, Ausstellung „SACRO BOSCO“, Nürnberg, Kunstverein Kohlenhof 2016

º Die Gießerei arbeitet für viele renommierte Künstler, u.a. für Daniel Spoerri und Not Vital.